Erzähl mir vom Tod dieses Fuchses. Aber wie? Welches war sein Weg, der zu diesem Punkt geführt hat?
The White Rabbit put on his spectacles. ›Where shall I begin, please your Majesty?‹ he asked.
›Begin at the beginning,‹ the King said gravely, ›and go on till you come to the end: then stop.‹
Diese Variante der Aristotelischen Theorie von der Erzählung, Anfang – Mitte – Ende, welche der König dem Kaninchen als Erzählstruktur vorschlägt, ist zwar die einfachste, aber auch die von der Wirklichkeit am weitesten entfernteste, also abstrakteste Form der Erzählung von Welt. So führt diese Erzählung auch in Alices Welt zu nichts, das Kaninchen liest ein Nonsense-Gedicht vor, welches der König als Evidence verwenden will, aber nicht kann, weil Alice, die erzählte Erzählerin des Textes genau jetzt aus dem Text herauswächst und schliesslich aufwacht und ihn als Traum erzählt. Doch auch Träume stoßen zu. Schon Aristoteles hat zwischen einfacher (etwas geschieht in einer logischen, erwartbaren, zeitlichen Reihenfolge) und komplizierter Erzählung (etwas Überraschendes, das Gegenteil des Erwarteten geschieht), unterschieden.
Von den Schicksalen der Menschen zu erzählen, den eigenen und den fremden, den fiktionalen und den wahren, heisst für die Schriftstellerin, den Schriftsteller, für ihren Text die Rolle und die Verantwortung eines Gottes einzunehmen.
Denn Gott ist die Spur und die Erzählung von der Spur, vom rechten Weg – Logos (λογοσ), Dao(道)
- Der Jagd- und Rachegott Jahwe (oder Diana), der eingreift und gerne mal daneben schiesst (vgl. den Isaak Mythos),
- einer der vielen gleichgültigen Götter der Inder, (beratend tätig, aber ständig mit sich und seinen Inkarnationen beschäftigt, am Besten ist, wenn man von diesen Göttern und Dämonen nicht bemerkt wird),
- der Vernunftgott des Logos, des rechten Weges, von Lao Tsi, Heraklit und dem Evangelisten Johannes, der als Naturgesetz wirkt und die waltende Vernunft in der Natur, die durch die Menschen hinhörend angewandt werden kann, repräsentiert,
- der unglückliche Vernunftgott der Juden, der unter der Sündhaftigkeit (der Unvernunft) der Menschen leidet, weil er sie liebt, und dessen Handeln rätselhaft ist,
- der Vatergott des Konfuzius, dem man nur gehorchen muss, um glücklich zu werden,
- Den Händlergöttern des Mönches Tetzel, welche je nach Opferbereitschaft der Gläubigen strafen oder belohnen, verhandelbar, Krämer, die Seligkeit gegen Ablasszettel und Spenden verkaufen,
- …
Den einzig wahren Gott gibt es nur aus markttechnischen Gründen: „Du sollst kein Buch kaufen ausser meinem!“ Mit den Schriftstellern hat das nichts mehr zu tun, das ist eine Sache des Vertriebs, so wie die Kirche die Vertriebsorganisation der Gottesideen ist, von den Straßenhändlern der Zeugen Jehovas bis hin zu den Einkaufs-Palästen der Weltreligionen.