Erzählen und Menschwerdung

Die moderne Form des Erzählens der Welt, wie sie mit der Philosophie Heraklits beginnt, ist der λογος (logos). Johannes’ Satz: »εν αρςηε εν ηο Λογος και ηο Λογος εν προς τον Τηεον και Τηεος εν ηο Λογος« sagt genau dies: Der Anfang der Welt als Welt für den Menschen, einer Welt, in welcher der Mensch nicht mehr nur Subjekt im Sinne von “unterworfen, abhängig” ist sondern Subjekt im Sinne von Gestaltend, Eingreifend, Ver-Waltend, in-Besitz-nehmend, zerstörend, ja der Übergang zur Welt als durch den Menschen gemacht bis hin zur Anmaßung, selbst Demiurg, Gott zu sein, beginnt mit der Erzählung der Welt, aber nicht nur einer Erzählung, welche glaubhaft berichtet, sondern einer Erzählung, welche Regelmäßigkeiten findet, als Gesetze (zunächst als Gesetztes, durch eine höhere Macht und deren Vertreter) formuliert, welche unabhängig vom Erzählenden und unabhängig davon walten, ob sie geglaubt werden oder nicht.

Mehr noch, diese Erzählung enthält Neues, bisher nicht Vorhandenes, also mehr als nur Ge-fundenes, es enthält Er-findung. Diese erscheint zunächst als etwas Verdächtiges. Da die Erzählung von Gefundenem, Erlebtem sich in nichts unterscheidet von der Erzählung vom Erfundenen, muss es von der Lüge, dem Unsinn, der Subjekivität befreit werden.

Eine Glaubensinstitution wird so ebenso unsinnig, wie Strafen für Ungläubige. Gott, so er Λογος ist, ist in Existenz wie Wirkung unabhängig vom Glauben, geglaubt werden muss nur der Mythos.