Heraklits „Panta Rhei“ welches genau genommen Platos Wiedergabe seiner Vorstellungen von Heraklits Idee ist, das „Alles fließt“ also, ist einer der Sätze, in denen sich das gesamte Denken eines Menschen oder gar einer Generation ausdrückt.
Karl Reinhardt hat klar nachgewiesen, dass das berühmte „Panta Rhei“ nicht verstanden werden kann als Abwesenheit von Beharrendem, Stabilen, dass damit die Flußlehre von Heraklit missverstanden würde (S. 206). Einheit im Widersprüchlichen, Einheit der Gegensätze ist gemeint, kein ungeordnetes fliessendes Chaos.
Das wird in der öffentlichen Erzählung von Philosophiegeschichte oft übersehen, wohl, weil Menschen Extreme und Parteiungen wegen der leichten Unterscheidbarkeit so lieben. Das aber ist traditionelles Storytelling, die Konstruktion von Feinden und Kontrasten (hier wäre Parmenides der Feind).
Die Tatsache, dass komplizierte Weltvorstellungen und umfangreiche Werke sich in zwei oder drei Worten (cogito ergo sum) ausdrücken lassen, verweist nicht etwa auf den geringen Substanzgehalt philosophischer Aussagen, sondern auf die Aussagefähigkeit von Poesie, bei der tatsächlich nur noch das bleibt, was die Essenz ausmacht.
Was ist der Unterschied zwischen Substanz und Essenz?
Die Substanz ist das, woraus sich alles zusammensetzt. Die Essenz ist das, worauf alles hinausläuft. Die Essenz ist der Faden, an dem gezogen, sich der ganze Pullover der Substanz aufräufelt.
Substanz wird oft auch als Begriff für die Materie (das was dem Denken gegenübersteht, Gegenstand des Denkens ist), Essenz als Begriff für Geist oder die Idee benutzt.
So ist der Himbeergeist ein Alkohol, der seine Bedeutung aus dem Wesentlichen, der Essenz der Himbeere zieht, welche zusammen mit dem Alkohol die Substanz des Himbeergeistes darstellt.
Dabei erweist es sich, dass die Substanz tatsächlich in immer und ewig fliessender Bewegung ist. Die Essenz stellt das immer Wiederkehrende, Stabile, scheinbar Unveränderliche dar. Die Himbeeren sind immer Andere, Ihr Name aber und ihre Essenz, der Himbeergeist, bleiben immer derselbe. Diese Essenz ist sogar im Kaugummi oder im Bonbon zu erkennen, obwohl sie sich bei direktem Vergleich überhaupt nicht mehr ähneln.
Diese Essenz daher, der Geist, steht für die unbewegliche unveränderliche Welt, welche dem Chaos der Substanz gegenübersteht.
Mein Symbol für dieses Chaos, für diese Materie, diese Substanz ist auf dem Bild allerdings das Ergebnis der immer wiederholten (iterierten) Ausführung einer mathematischen Formel. Es ist ein Fraktal (Julia-Menge). Mein Symbol für die Essenz, den Geist ist der Text und der Name seines Autors. Diese Formel selbst wäre der wirkliche Geist dieser speziellen Substanz.
z → f(z) →f(f(z))→…
„Panta Rhei“ also, Platon erweist sich auch in diesem Satz als das was er wirklich ist. Ein Dichter, ein Mythenerzähler, ein Poet, ein Schauspieler. Dass er die Substanz von Philosophen auf die Essenz brachte, brachte ihm den Beinamen des Philosophen ein. Meiner Meinung nach ist er aber kein Philosoph. Es gibt keinen wirklich neuen Gedanken von ihm. Platos Denken ist rückschrittlich und hat schliesslich zum Ende der Philosophie geführt, welche dann von Aristoteles katalogisiert wurde.